dichterei

Donnerstag, 13. Juli 2006

2. Bitte prostitutieren Sie sich…

Im Treppenhaus begegnet mir ein Mann mit einem schwarzen Anwaltskoffer. Ich grüße mit einem gelangweilten ‚Tach auch’ und will weitergehen, aber da holt er schon Luft und fragt mich, ob ich einen Herrn Trakl kenne. Natürlich kenn ich mich und antworte: ‚Nein, tut mir leid’. Ich sehe noch das krankhaft blass wirkende Gesicht von dem Typen während ich raus gehe. Der ist bestimmt glücklich mit seinem Job, denke ich. Es ist nicht weit von meiner Bude bis zur Arbeit, leider, denn so laufe ich Gefahr beim krankfeiern erwischt zu werden. Als ich hereinkomme grüßt mich die Empfangsdame mit einem freundlichen ‚Haben sie eine Allergie? Ihre Augen sind ja rot wie der Mars.’ Ich sage: ‚ihnen auch einen Guten Morgen’ und gehe zum Fahrstuhl. Angekommen am Arbeitsplatz im Keller, ich sortiere den Müll, kommt mein Chef aufgeregt angerannt. Es sieht amüsant aus, wenn sich 150 kg Reingewicht in Bewegung setzen und dem Gesetz der Trägheit folgend, langsam aber stetig schneller werden. Ich warte schon so lange darauf, dass er mal vorn überkippt und den Rest der Strecke per ungewolltem Flikflak zurücklegt. Er kam so normal an wie es für einen Mann seiner Fülle möglich ist: ,Martin, es ist die Hölle, du musst heute ne Doppelschicht machen. Zwei Leute sind krank geworden!’ Ich frage ihn, inwiefern sich das auf meinen Lohn auswirkt und er antwortet, dass ich das regulär bezahlt bekomme. Kein Zuschlag, kein Abbummeln, Wichser, denke ich und sage: ’ich kann leider nicht, hab noch Termine heute Abend’. Das war offensichtlich nicht das was er hören wollte und die Wut zeichnet seinen Kopf puterrot und Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn. ‚Dann kannste dir morgen nen neuen Job suchen’, brüllt er mich an. Er lässt noch einiges mehr ab und ich versinke in Langeweile. Es berührt mich nicht, es interessiert mich nicht, es ist mir scheißegal. Ich reiß mir für diesem lausigen Job nicht den Arsch auf und wenn er glaubt ich sei einer von den Idioten, die sich mit ihrer Firma identifizieren oder ohne Job nicht leben können, dann liegt er falsch. Als er merkt, dass ich keinerlei Regung zeige wird er plötzlich freundlich und ruhig. Er sagt BITTE und noch mal BITTE. Damit habe ich nicht gerechnet, aber ich finde es geil. Ich bleibe stur und ihm fällt nun ein mir einen besseren Lohn für die Überstunden anzubieten, den er mir auch auf die Hand zahlt, wie er versichert. Das Angebot ist verlockend, schnelles Geld und noch ein BITTE mit Zucker oben drauf. Ich habe die Macht, denke ich und kann ihm richtig eins reinwürgen. Er hätte es verdient für die Scheiße die er jeden Tag absondert, für die Löhne, die er nicht gezahlt hat…Moment…er hat Löhne nicht gezahlt. ‚Gib mir die Kohle im Voraus’ sage ich und sehe ihn mit aller Ernsthaftigkeit an. Er versucht sich rauszureden. Dieses miese Arschloch wollte mich nie auszahlen, denke ich und dreh mich Richtung Fahrstuhl. ‚komm schon Martin, ich hab dir damals ne Chance gegeben, jetzt kannst du es zurückzahlen’, sagt er. ’Ich schulde dir gar nichts, es ist ein bekackter Job für kleines Geld und du diskutierst rum wegen ein paar Euro…du bist ein Schinder, ein Geizhals und dein Wort ist einen Dreck wert!’, antworte ich, langsam aber sicher in Wut geratend und füge noch murmelnd hinzu: ’fick dich!’ und gehe gelassen zum Fahrstuhl, fahre nach oben, passiere den Empfangstisch, grinse die nette Dame an und gehe raus. Ich fühl mich richtig gut. Menschen, denen ohne Arbeitsplatz die Decke auf den Kopf fällt haben keine Phantasie und sind zu allem bereit um ihren Job zu retten. Genau aus diesem Grund tun sie eben auch alles, was von ihnen verlangt wird. Bitte tun sie dies, Bitte tun sie das, bitte prostituieren sie sich. Das ist kein Leben für mich, denke ich und laufe zum nächsten Supermarkt, kaufe einen Sixer und fahr zu meinem Ticker, wo ich mich mit sonstigen Genussmitteln eindecke. Zu Hause tippe ich meine Kündigung während ich die zweite Jolle des Tages rauche und bin zufrieden.

Fortsetzung folgt…

Mittwoch, 12. Juli 2006

1. Eine Lausige Nacht

Es ist ne lausige Nacht. 30 Grad heiß, was bedeutet, man versucht in einer Pfütze einzuschlafen. Da ich große Angst vorm Ertrinken habe, hilft die mit eins-zwei Joints und ein paar Bier angelockte Müdigkeit rein gar nichts. Ich onaniere, denn nach dem Ejakulieren schüttet ein Mann ja angeblich Unmengen von körpereigenen Schlaftabletten aus. Es hilft nichts. Anscheinend hat sich mein Körper schon an die Betäubungsmittel von außen gewöhnt und sich fest vorgenommen körpereigene Drogen zu ignorieren. In dieser Nacht scheint es egal zu sein, ich soll nicht schlafen. Ich steh wieder auf und hol mir ein Bier aus der Küche. Man sieht’s hier Scheiße aus, drinnen wie draußen. Während die wohltuende Abkühlung des ersten Schlucks langsam an Wirkung verliert, baue ich noch ne Tüte. Diesmal eine mehr-Gras-als-Tabak-Mischung. Normalerweise stehe ich mehr auf eins-zu-eins-Mischungen, aber es geht hier nicht um Genuss. Äußerst breit lege ich mich hin und starte den nächsten Versuch mich zum Schlafen zu zwingen. Ich liege ca. zwei Stunden mit geschlossenen Augen da und von draußen dringt das erste Vogelgezwitscher zu mir ins Zimmer. Na geil, wenn die anfangen zu singen muss ich bald anfangen zu arbeiten. Schlafen kann ich jetzt eh nicht mehr, denn der Gedanke an Arbeit löst in mir unwillkürlich ein Gefühl von Ekel aus. Ich steh auf und setz mich in die Küche. In zwei Stunden muss ich los, denke ich, dann rauch ich noch einen. Bauen kann ich gut, besser als die meisten. Gedacht, geraucht. Die Dusche werde ich heute ignorieren, alle die schon mal fett unter der Dusche standen wissen warum. Während ich die üblichen Wartungsarbeiten an meinem Arbeitsgerät, also mir, vornehme, entwickelt sich ein unglaubliche Lust, die ganze Scheiße hinzuschmeißen. Heute noch mal, motiviere ich mich lasch, heute geh ich noch mal hin. Also geh ich.
Fortsetzung folgt…

Montag, 22. Mai 2006

rauschen

Es rauschte.
Dann war es aus.
Nie wieder reden.
Niewiedersehen.
Tot.
Es rauscht.

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